8
Nov
2008

Liebe ist besser als Krieg

LIEBE IST BESSER ALS KRIEG – „Die große Weigerung“

Die Hippies – Flower Power Generation und Prototyp der Gegenkultur

„Ihr seid so eine Art Love-Generation, nicht war?“, Thomas Cahill, Polizeipräsident von San Fransisco, zu den Hip-Händlern (Miles, „Hippies“).

1965 wurden sie erstmals in der aufkeimenden Szene von Haight - Ashbury ( San Fransisco / USA ) als Bewegung wahrnehmbar. Ihr erklärtes Ziel war der Aufbau einer konträren Kultur – der Gegenentwurf zur bürgerlichen Gesellschaft mit all ihren Aspekten (vgl. Gilcher-Hotley,“1968“)

Hauptfiguren und Gurus der Bewegung sind Dichter wie Gary Snyder, Michael McClure, Lawrence Ferlinghetti und Allen Ginsberg.

Gleichsam wie die Studenten kritisieren sie die Diskrepanz von Verfassungsnorm und Verfassungswirklichkeit. Kritisieren die konforme Konsumgesellschaft und erstarrten gesellschaftlichen Verhältnisse in der Gesellschaft, Politik und Kultur. Auch sie sehen sich täglich konfrontiert mit den apokalyptischen Szenarien der Atombombe und der atomaren Aufrüstung. Sie wachsen im Angesicht des Kalten Krieges und der ideologischen Fragmentierung auf und erleben den medial „unzensierten“ Vietnamkrieg. (Gilcher-Holtey, „1968“)

Doch ihr Habitus unterscheidet sie von der Studentenbewegung. Die meisten haben keine Ahnung von Marx, Lenin, Mao oder Trotzki. Sie verstehen weder die komplizierten Analysen und Neuinterpretationen der theoretischen linken Schriften, noch die Bandwurmsätze der linken Trägergruppen.
Ihre Reaktion ist die Flucht aus der Gesellschaft bzw. der demonstrierte Ausstieg aus der Gesellschaft.
Signifikantes äußeres Merkmal ist die Kleidung der Hippies. Jeans und Sweatshirts werden gegen zerknitterte Samthosen, Satin- und Seidenhemden mit langem Revers und Schals aus Seide und weichem Chiffon. Sie tauschen die Kleidung der Wohlstandsgesellschaft gegen phantasievolle Gewänder und durchwühlen Trödelläden nach altem Fummel und Omakleidern. Zusätzlich tragen sie lange Haare im Gegensatz zu den in den 60iger Jahren noch üblichen Kurzhaarschnitten.
Damit wehren sie sich gegen den Konformismus der Konsumgesellschaft und demonstrieren äußerlich den symbolischen Gegenentwurf der Gesellschaft.

Doch darüber hinaus kopiert die Mode psychedelische Muster und verarbeitet Blumen und schrille Farben in Stoffen. Ecke Haight / Ashbury eröffnet 1966 der erste Psychedelische Laden, der von Büchern über Drogen und orientalischer Philosophie, Zigarettenpapier, Joint-Kippenzangen, Glocken und Glasperlen, Flöten und Postern, jede Menge Hippie – Zubehör anbietet.
Psychedelische Poster kommen groß in Mode. Die schrillen und geschnörkelten Buchstaben sind manchmal so verzerrt, dass man sie kaum lesen kann, wenn man nicht stoned ist.

Die Hippies verbringen viel Zeit damit, Drogen zu nehmen, Musik zu machen und zu meditieren.
Viele Hippies dopen und verkaufen Haschisch, um ihre Lebensunterhalt zu bestreiten.
Motto und Aufforderung zugleich: „Geld ist eine Droge. Amerika ist eine Drogenkultur, eine Nation von Süchtigen. Geld kann als Zigarettenpapier verwendet werden. Rollt euch einen Joint. Raucht es“.
Etliche Rezepte für Haschplätzchen kursieren. Abgesehen davon entstehen richtige kleine Labors zur Herstellung von LSD („Trips-Festival“) und Acid („Acid-Tests“).
LSD war bis 1966 noch nicht verboten (in Deutschland dann 1971 verboten), aber wer es nimmt, tut es mehr oder weniger heimlich, wobei verschiedene Gebrauchsanwendungen proklamiert werden. Ein Teil vertritt die Ansicht, LSD solle in einer friedlichen Umgebung eingenommen werden, um eine persönliche und spirituelle Erfahrung herbeizuführen, der andere Teil propagiert die Einnahme in einer Atmosphäre, in der alles passieren kann, um zu sehen was passieren kann (die sog. „Acid-Tests“).

Kommunen und Hausbesetzungen breiteten sich wie ein Lauffeuer aus. Zunächst starten die Aktivisten symbolische „Besetzungen“, um darauf hin zu weisen, dass viele in Wohnheimen untergebracht oder obdachlos sind, während etliche Häuser leer stehen. Das Ziel ist, Wohnraum für Familien aus Wohnheimen und Slums mithilfe von Hausbesetzungen zu schaffen. Die Hippies hoffen, dass die Aktionen die Zustimmung einer breiten Bevölkerung finden und einen Großangriff auf die Wohnungsbehörden auslösen.

Während einerseits leere stehende Häuser besetzt werden, gründen sich andererseits zahlreiche Künstler-, Drogen- und Wohngemeinschaften, die Kommunen.
Die ursprünglichen Wohngemeinschaften entstanden ursprünglich oft aufgrund der hohen Mieten in den Städten.
Die gemeinschaftliche Lebensform bildet nun zahlreiche Varianten aus: Kommunen der freien Liebe, Homosexuellen Kommunen, Religionsgemeinschaften mit selbst ernannten Gurus, Sexkommunen, Hexensabbate. Des Weiteren entstehen viele alternative Boutiquen, vegetarische Läden und Restaurants, Buchhandlungen und Plattenläden.

In den ländlichen Kommunen gründen sich Versorgergemeinschaften. Das erklärte Ziel vieler Hippies ist der Aufbau alternativer Lebensformen. Einige Kommunen schaffen den Sprung in die Selbstversorgung. Sie produzieren Lebensmitte, schaffen alternative Handwerksbetriebe und beliefern städtische Märkte, fertigen Kleider, Schnitzereien, Tassen, Teller und Schüsseln.

Ein Teil der ökologischen Bewegung hat ihre Wurzeln in dieser Gegenkultur. Wissenschaftler wie Gregory Bateson warnen bereits 1967 beim „Dialectics - of - Liberation“- Kongress in London vor der globalen Erwärmung.
Bis zum Ende des Jahrzehnts setzen sich Vegetarismus, organische Lebensmittel und natürliche Ernährung durch. Weitergehend wichtiger Aspekt dabei ist die Persönlichkeitsentfaltung, die sich in zahlreichen Yogakursen und Meditationsgruppen äußert.

„Die wichtigste Kraft für unsere Revolution ist die Erotik. Ein freier Mensch ist jemand, dessen erotische Energie freigesetzt worden ist, der seine Erotik auf immer schönere, komplexere Weise ausdrücken kann. Die sexuelle Revolution ist nicht nur Teil der Atmosphäre von Freiheit, die unter den jungen Menschen entsteht. Ich halte sie für den Mittelpunkt davon. Psychedelische Drogen, vor allem Marihuana, sind deshalb so beliebt, weil sie den Körper in Erregung versetzen. Ich sage rundheraus: Die Bedeutung und das zentrale Thema der psychedelischen Erfahrung ist die erotische Belebung. Das Plus an Freiheit im sexuellen Ausdruck in der Kunst und den Massenmedien ist das erste Anzeichen unseres Sieges“ Tim Leary, „EVO“, Juni 1969-

Die Gegenkultur stellte die Sexualmoral in Frage und experimentierte mit unterschiedlichen Lebensmodellen: Sexorgien, Enttabuisierung der Homosexualität und eine positive, freudige Sexualität als Gegenstück zur strikten Moral der früheren Generationen. Das Infragestellen sexueller Rollen war auch einer der Auslöser der Frauenbewegung, die erstmals mit Einführung der Pille Anfang der 60iger Jahre die Freiheit einer Wahl des Sexualpartners hatten. Doch die Emanzipation der Frauen stand noch aus. Die Hippies sind berühmt für den Umgang mit Frauen, die sie „Chicks“ oder „alte Ladies“ nannten und wie gewöhnliche Hausfrauen behandelten. Natürlich kümmerten sie sich auch nicht um die Kinder. Während die Männer Reden schwingen, erledigen die Frauen den Papierkram.
Eine weitere Bewegung formiert sich: die Schwulenbewegung, die ihren Anfang in einer Razzia in der Bar „Stonewall Inn“ auf der New Yorker Christopher Street hat, weil sich die „Gay Power“ erstmals gegen die prügelnden Polizisten wehren.

Fortsetzung folgt........................................



Quellen:

Miles Barry, Hippies, deutsche Ausgabe by Collection Rolf Heyne, 2005 (Miles, “Hippies”)
Gilcher – Holtey, Ingrid, Die 68er Bewegung, 3. Auflage, München 2005 (Gilcher-Holtey, „1968“)
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