27
Dez
2008

Bilderflut und Lesewut

Bilderflut und Lesewut – Die imaginären Welten der Achtundsechziger

Der Umbruch der Kommunikationsverhältnisse veränderte die Wahrnehmungsweisen der 68´ Generation und prägte zunehmend die Erfahrungsverarbeitung der Rezipienten durch die audiovisuelle, massenmediale TV – Wahrnehmung, die Welt – Bilder produzierte und eine globalisierte Welt entstehen ließ und obendrein Plattform einer Generation wurde – frei nach dem Motto: „Mit den Medien, gegen die Medien, vor den Medien“.
Dieser globalisierte Wahrnehmungseffekt und Transformationsprozess für Nachrichten, Bilder und Ereignisse machte eine weltweite Medienrevolte möglich – exemplarisch dafür sind die sozialen Bewegungen, die überall die gleichen Protestformen, wie „Sit – Ins“ oder „Happenings“ anwandten. Ein anderes Beispiel ist das Auftreten der politischen Akteure wie Che Guevara, Rudi Dutschke, Chruschtschow und Fidel Castro, die hinsichtlich ihrer Talkshowkompatibilität eine bereits perfektionierte und personalisierte Form der politischen Inszenierung beherrschten und bewusst mit „habituelle Wahrnehmungscodes“ brachen (in Form der Kleidung, des Auftritts uvm.).
Mit Verankerung des Mediums Fernsehens im täglichen Bewusstsein und in der Privatsphäre konstituierte sich eine neue Form der Kommunikation und Öffentlichkeit, die durch das Ereignis der simultanen Teilhabe und des „Live“ – Dabei seins, eine weltweite „Fernsehgemeinde“ vorgab und einen Integrationsprozess beschleunigte, indem man Erfahrungen teilte und vermittelt erlebte. Damit einhergehend gewann der Zuschauer den Eindruck des permanenten auf dem Laufenden sein. Die Vernetzung und Veränderung der Informationsvermittlung führte zu einem veränderten Bewusstsein, dass unter anderem auch manipulierbar war (eigentl. „ist“), da nun die vermittelten Bilder unabhängig vom Kommentar eine Botschaft vermitteln konnten.
Damit bot das Fernsehen konkretes Anschauungsmaterial und entwickelte eine eigene Dynamik und Sprengkraft, die in ihrer Wirkung nicht selten polarisierte und politisierte – wie im Fall der Live – Fernsehbilder des Vietnamkrieges, der Bilderflut von endlosen Reihen von Toten, Gefangenen und Verletzten.
Die 68er Generation war die erste globale Generation, die eine gemeinsame, länderübergreifende Symbolik fand und übergreifende Bild- und Sprachzeichen entwickelte, die aus einer Verknüpfung von kognitiver Wahrnehmung und technischem Medium erwuchs und subjektiv den Erfahrungshorizont ausweitete, der nun Einzug in das alltägliche, familiäre und gewohnte Milieu hielt. Damit übernahm das Fernsehen die Rolle als „Fenster zur Welt“ und erlaubte dem Zuschauer sich in der Welt zu bewegen und die vermeintliche „Wirklichkeit“ zu betrachten, die präpariert, inszeniert und übertragen wurde, als „verordnete“ Kultur.
Dies führte dazu, dass eine Kultur, die aufgrund ihrer Schriftkultur gewisse Denkräume ursprünglich imaginär reproduzierte, nun abgelöst wurde von einer Einbildungskraft, deren Imagination nun von technisch reproduzierten, weltweiten Bildern besetzt worden war und sich in ein kollektives Gedächtnis eingruben. Folglich handelte es sich bei der Symbolwelt der 68er Generation nicht nur um eine imaginäre ( Kritische Theorie der Neuen Linken, Banner, Poster, Plakate, Flyer und Graffiti) , sondern bereits um eine virtuelle Kultur (symbolisch inszenierte, mediale Protestformen ), die nun wiederum beide medial vermittelt wurden. Demnach finden sich folgende Zugänge zum Verständnis der 68er Generation: Kulturelle Brüche im Hinblick auf das habituelle Wertesystem und der damit einhergehende Übergang zu neuen Kommunikationsformen, die Entstehung einer globalen Wahrnehmung der Ereignisse im Sinne eines „global village“ und die damit einhergehende Beschleunigung und Verdichtung der Wahrnehmung und der daraus resultierende, dezidierte Einschnitt in die Wahrnehmungskultur.

Literatur

Rainer Rosenberg, Inge Münz-Koenen, Petra Boden (Hg.), Der Geist der Unruhe, 1968 im Vergleich Wissenschaft – Literatur – Medien, Berlin (2000).
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