30
Nov
2008

satisfaction

I CAN´T GET NO SATISFACTION......
And I try and I try……..Popkultur oder Konsumkultur?

I can't get no satisfaction I can't get no satisfaction
'cause I try and I try and I try and I try
I can't get no I can't get no
When I'm driving in my car and the man comes on the radio
he's telling me more and more about some useless information
supposed to fire my imagination I can't get no oh no no no
hey hey hey that's what I say
I can't get no satisfaction I can't get no satisfaction
'cause I try and I try and I try and I try
I can't get no I can't get no
When I'm watching my TV and a man comes on and tells me
how white my shirts could be but he can't be a man 'cause he doesn't smoke
the same cigarettes as me I can't get no oh no no no
hey hey hey that's what I say
I can't get no satisfaction I can't get no good reaction
'cause I try and I try and I try and I try
I can't get no I can't get no
When I'm riding 'round the world and I'm doing this and I'm signing that
and I'm trying to meet some girl who tells me baby better come back maybe next week
'cause you see I'm on a losing street I can't get no oh no no no
hey hey hey that's what I say
I can't get no I can't get no I can't get no satisfaction no
satisfaction no satisfaction no satisfaction I can't get no ……………………………….
Pop ist kein Oppositionsstil; zumindest ist keine politische Forderung universaler Natur formuliert. Weiterhin gibt es bei den Rezipienten keine einheitlichen Insignien, die eine gemeinsame Symbolik definieren. Die äußerlichen Merkmale reichen von Schulmädchen in Faltenröcken (Warhol) über Rocklederjacken bis hin zu Hippiegewändern. Demnach könnte man annehmen, die Popkultur bestehe aus einer Vielfalt von Teilkulturen wie den Rockern, Gammlern, Beatniks oder Hippies. Dabei wären aber diejenigen Poprezipienten nicht berücksichtigt, die sich nicht ausdrücklich und augenscheinlich zur Popmusik bekennen.

Gibt es also internationale, stilübergreifende, kulturelle Merkmale, Gemeinsamkeit oder Charakteristika bei den Popfans? Lassen sich in der 60iger Popepoche Gemeinsamkeiten in bestimmten Lebensbereichen, Gesellungsformen und Denkweisen feststellen? Gibt es synchronisierende Bereiche des Lebensgefühls dieser Dekade?

Oder ist der Pop bzw. die Popkultur eine transnationale kulturelle Kommunikationsform?

Stets Höhepunkt sämtlicher Rolling Stones Konzerte und weltweit populärer Song der Rolling Stones „I can´t get no satisfaction“ ist vielfach als „Aufschrei einer Generation“ bezeichnet worden, der zwischen Unerfülltheit und Erfüllung, Ausdruck eines Grundgefühls einer ganzen Popgeneration der 60iger Jahre ist.

Vor allem drei - transnationale, stilübergreifend und epochentypische - Hauptbereiche des Unerfülltseins handelt der Song ab: Konsum, Sex und Massenmedien, die bis dahin klassische Erwachsenendomänen darstellen.

Im Laufe der 60iger Jahre werden diese Bereiche zunehmend auch für die Jugendlichen zugänglich. Die Konsumgüterindustrie der 60iger Jahre hat Hochkonjunktur und stellt sich zunehmend auf die jugendlichen Verbraucher (Konsumenten) bzw. deren Konsumierverhalten ein. Die Jugendlichen stellen sich also auf das kapitalistische Wirtschaftssystem ein, dass die Erwachsenen etabliert haben bzw. übernehmen das Konsumverhalten der Bürger, dass für diese Art von Wirtschaftssystem notwendig ist.
Überraschend und erschreckend zugleich ist dann aber doch für die Erwachsenen, dass sich die im Song geforderte „Satisfaction“ nun nicht mehr nur auf Konsumgüter beschränkt, sondern darüber hinaus auch sexuelle Befriedigung fordert....( „try to meet some girl“; im Livesong: “I need a good woman to keep me satisfied”(you tube, broadcast 1969) – “I can´t get no girly action.....)
1967 noch etwas lasziv, lakonisch und provokant ins Mikro gehaucht (inklusive Jagger-Kulleraugen), unterstreicht er die Forderung anschaulich dann 1969 auch mit entsprechender Körpersprache ( Vgl. you tube, broadcast 1967 und 1969)
Das propagiert die Konsumideologie der 60iger Jahre natürlich nicht. „I can´t get no Satisfaction” / “I can´t get no girl with action….”, “And I´m trying to make some girl” bezeichnet also auch die Unerfülltheit der sexuellen Befriedigung, die sich damit entsprechend des Stones - Image konsequent über die bürgerliche Moralvorstellung hinwegsetzt. Sicher ist, dass nach der lust- und körperfeindlichen Phase nun Mitte der 60iger die Forderung nach einer Liberalisierung der repressiven Sexualmoral laut wird, die Sexualität nicht mehr zwingend an die Institution der Ehe knüpft.

Neben Konsum und Sexualität spricht der Song ein weiteres Thema an: die Massenmedien – Radio und Fernsehen. Die Botschaft lautet „more and more useless information“ und die alltägliche Berieselung des Fernsehens, in diesem Fall mit Waschmittelreklame: „and the man comes on to tell me how white my shirts can be...“
Obwohl das Fernsehen Freizeit – Medium Nr. 1 ist, scheint es doch hinsichtlich der „Satisfaction“ zu behindern. Es kann auch nicht wie im Falle des Radios nebenbei konsumiert werden und unterbricht damit auch visuell die sinnliche Befriedigung der Sinne durch vorgesetzte, konsumierbare Bilder – stört also die Phantasie, da es manipuliert und den Konsumenten unmündig macht.
Die Medien sind also nicht mehr Informationsvermittler, sondern Verwandler.

„No Satisfaction“ vermittelt ein vorherrschendes Grundgefühl der Jugendlichen und verspricht ein „Mehr“ an Erfüllung, obwohl es im weiteren Verlauf des Songs (Text) nirgendwo eingelöst wird. Die Botschaft ist, dass die Konsumartikel nicht zu mehr Befriedigung oder einem „erfüllteren“ Leben führen, sondern nur des Kreislauf des Konsums verstärken, nämlich das immer weitere „Mehr – Haben - Wollen“ an Befriedigung.
Selbst die Sexualität braucht immer wieder gesteigerte Befriedigung, da sie nicht mehr lustvoll, sondern konsumorientiert ausgerichtet ist. Die Medien sind nicht mehr ästhetisch – sinnlich erfahrbar, sondern betäuben den Rezipienten und „rauben“ ihm Aufmerksamkeit – Das Medium ist ergo nicht mehr erlebbar und kann nicht mehr „befriedigen“.

23
Nov
2008

Wie die Steine in´s Rollen kamen

Die „Rolling Stones“ – wann und wie kamen die Steine in´s Rollen?

„Ich bin ganz froh, dass man „Street Fighting Man“ verboten hat, jedenfalls solange es in den Läden noch zu kaufen ist. Das letzte Mal, als sie eine unserer Platten verboten, verkaufte sie sich eine Million Mal“, Mick Jagger, als er hörte, dass „Street Fighting Man“ in Chicago aus Furcht, es könnte Unruhen provozieren, verboten worden war, September 1968.

So beginnt es natürlich nicht. Zunächst sollen die Stones als „Beatles“- Antipoden, der „Fab-Four“ fungieren. Das zumindest ist das Konzept des Londoner Decca- Managements im Oktober 1962. In den Olympic Studios in London wird ein Sextett vorstellig, dass aus Mick Jagger, Keith Richards, Brian Jones, Bill Wyman, Charlie Watts und Ian Stewart besteht.
Die erste Single „Come on“, die am 07. Juni 1963 erscheint, landet auf Platz 21 der UK Charts. Noch bis 1964 sollten die „wilden, bösen, genialen Hexenmeister“ – so die Stilisierung der Plattenfirma – ihr kompositorisches Eigenprofil suchen, und so helfen anfänglich auch noch John Lennon und Paul McCartney mit Songs‚ wie “I Wanna Be Your Man“ (2. Single, die am 01.11.1963 erschien) und „Money“ aus.

Doch die Anfangsphase ist auch nicht ohne Steine auf dem Weg zum endgültigen Megalith-Einschlag in der Musiklandschaft. So wird zunächst Jan Stewart auf Beschluss des Managements von der Bühne verdammt und zum Studiopianisten degradiert.
„Er passte denen optisch nicht. Er war ein biederer, korrekter Bursche. Der keine Mätzchen machte. Wir aber waren so ausgeflippt, wie sie uns haben wollten. Ian war als Mensch und Musiker erstklassig“, so das Statement von Mick Jagger, der die Gründe für diesen diskriminierenden Schachzug benannte.
Weiterhin büßt auf Decca Anordnung Keith Richards das „s“ des Familiennamens ein, weil Cliff Richard damals bereits erfolgreich am Musikhimmel schwebt.
Auch die ständig kolportierte Rivalität zwischen den „Beatles“ und „Stones“ ist ein erfundenes Konstrukt der Vermarktungsmaschine des Konzerns und für die Auflagensteigerung in den Printmedien und marktführenden Magazinen gedacht; faktisch existiert sie nie.
Mit “(I Can’t Get No) Satisfaction” (27. Mai 1965) schaffen die Stones ihren endgültigen (weltweiten) Durchbruch (Platz 1 in Großbritannien und den USA). Im gleichen Jahr schafft ein weiteres Stück, nämlich „Get Off Of My Cloud“ (22. Oktober 1965) den ersten Platz in den britischen und US-Charts.
Doch selbst mit diesen Erfolgen zweifeln die Stones hinsichtlich ihres Musikstils. „Selbst nachdem wir mit „Satisfaction“ und „Get Off Of My Cloud“ die erste Million verdient hatten, zweifelten wir, ob auch künftig unser Stil noch gefragt sein würde. Wir hatten zu jenem Zeitpunkt mitverfolgt, wie viele gute Bands mit große Hits im Nu von der Bildfläche verschwanden“, resümierte Keith Richards auf der „Bridge-to-Babylon“ – Tour 1997 / 98.

Doch entgegen aller Befürchtungen rollen die Steine steil bergauf und räumen mit weiteren Hits, wie „19th Nervous Breakdown“ und „Paint it Black“, ab.
Für die Rückseite der Single komponiert Jagger für seine damalige ständige Begleiterin, Marianne Faithfull (erhielt für ihre Rolle in „Irina Palm“, 2007 auf der 57. Berlinale den Silbernen Bären) den Song „As Tears go By“, der 1966 den Terminus „Beat“ ablöst und gegen den Begriff „Popmusik“ ersetzt wird bzw. die Popmusik „salonfähig“ macht.

Am 08. Dezember 1967 erscheint das Psychedelic – Album der Rolling Stones, „Their Satanic Majesties´ Request“, und springt sofort auf Platz drei der Charts, nachdem die Band ihren ersten Auftritt hinter dem Eisernen Vorhang, genauer in Warschau absolviert hat und sich die Gage in einer Wagenladung Wodka ausbezahlen lässt. Zurück in England finden sie sich in einer Drogenrazzia Scotland Yards wieder. Die Behörde hat Wohnungs-untersuchungen bei Jagger, Richards und Jones angeordnet und findet auch was sie sucht. So steht 1967 das Polizeigefängnis in Lewis in East Sussex, wo sich Jagger und Richard zu verantworten haben unter massivem medialen Ramenlicht - Rummel.
Als „Satanic Majesties´ Request“ erscheint, zeigt die Publicity auch ihre guten Seiten.

Während sich die Studenten 1968 die Köpfe einschlagen und in Frankreich der Staatsnotstand ausgerufen wird, rollen die Stones mit „Jumpin´ Jack Flash“ weiter auf der Erfolgsspur und wiederum an die Spitze der Charts.
Nachdem Jagger mit „Performance“ als Hauptdarsteller seinen ersten Film abgedreht hat, bezieht er politisch Stellung zu den Ereignissen: „Ev´rywhere I hear the sound of marching, charging feet, boy – the summer´s here and the time is right for fighting in the street boy – but what can a poor boy do, except to sing for a Rock & Roll Band, ‘cause that sleepy London town is just no place for – Street Figthin´men….”


Quelle:
Glück, Erich, AUGEN AUF UND DURCH, Die Woodstock Generation, by Rudolf Trauner Verlag, Linz 2002.

15
Nov
2008

Rock´n Roll

Rock´n Roll. Die Ton- und Reizleiter-Revolution

„Pop ist die ewig neue Suche nach dem richtigen Leben im falschen. Anfang der sechziger Jahre umstellt so viel Falschheit das echte Leben (oder das was man dafür hielt), dass die Suchenden sich immer wieder blutende Köpfe holten....“, skizzierte Cordt Schnibben in seinem Beitrag „Napalm ja, Pudding nein“ in der „Spiegel-Spezialnummer „“ (2/1994; S. 76f.) Pop & Politik.

Der Begriffscocktail „Popmusik“ mit seinen Kategorien „Rock´n Roll“, „Beat“, „Rhythm & Blues“, „Folk & Country-music“ beginnt sich Mitte der 60iger Jahre zu überlappen und zu vermischen. Während sich in den 50iger Jahren alles auf der Schiene des Rock´n Roll um Elvis und Bill Haley, um den Hüftschwung und die Schmalzlocke bewegte, entgleiste das Rock rollende Rad 1962 mit dem endgültigen Durchbruch der „Beatles“.

Ausgerechnet das Jahr der Kubakrise wird zum Wendejahr in der Populärmusik, die mit dem Vietnamkrieg zunehmend politischere Züge annimmt, dabei bekommt das Musikmosaik immer größere Ton- und Farbdimensionen. Die Schwarz-Weißmalerei mit all den dumpfen Vorurteilen sollte abgekratzt und farblich auf den Kopf gestellt werden.

„Pop ist eine unbedingt westliche Kulturerscheinung, herangewachsen unter den kapitalistischen technologischen Bedingungen der industriellen Gesellschaft. Amerika ist das Zentrum dieser Programmatik. Für die gesamt westliche Welt, vor allem für die Europäer hat dies zur Folge, dass ihre Kultur amerikanisiert wird....“, Tilman Osterwold:“Pop-art“;1989)

Pop, Pot und psychedelische Songs

Der Urschrei der Beatgeneration – Die Beatles

Mit „Yeah! Yeah! Yeah“ Coda* von “She Love You”, im August 1963 in den Plattenländen gelandet, schafften die Beatles den großen internationalen Durchbruch und brachen von da ab Rekorde. Am 09. Februar 1964 sehen 73 Millionen den Beatles Auftritt in der Ed-Sullivan-Show – eine Rekord-TV-Kulisse. Mit „Rubber Soul“ liefern sie im Herbst 1965 das nächste Meisterstück ab, nachdem sie den Entschluss gefasst haben, keine Live-Auftritte mehr zu machen.

„Sgt. Pepper“ und Stilwandel

Das Album lässt erste Konturen jenes Stilwandels erkennen, der sich dann mit dem Album „Sgt. Pepper´s Lonely Hearts Club Band“ vollzieht und mit dem Song „Tomorrow Never Knows”. LSD und Marihuana erweitern das Bewusstsein für die klanglichen Dimensionen.

* als Coda wird der gesondert herausgebildete Schlussteil eines Musikstückes bezeichnet. Wesentliches Merkmal der Coda ist ursprünglich die Herausstellung als angehängter, ausklingender Teil des Musikstückes, der oft auch zusammenfassende Charakterzüge trägt
Katalysator für die „psychedelische Musik“ ist das „Sgt. Pepper´s – Album“, dass nicht länger Pop ist, sondern eine neue Kunstform, eine Transformation der Musik.
„Mit den Beatles war es ganz schön weit gekommen. Wir rauchten Marihuana zum Frühstück. Wir waren total auf Marihuana, und niemand konnte mit uns kommunizieren, weil wir mit glasigen Augen pausenlos am Kichern waren. In unserer eigenen Welt“, John Lennon
Während John Lennon „Rubber Soul“ noch als „Pot-Album“ bezeichnet , sagt er nun über Revolver, dass es ein „Acid-Album“ sei, da die Beatles mittlerweile mit LSD in Berührung gekommen sind. Diese „Bewusstseinserweiterung“ nimmt Einfluss auf ihre Musik. Vor allem Lennon und Harrison komponieren „frühspychedelische Songs“, wie bsp. „Love You To“.
Die Veränderung des Stils und die damit einhergehende Entwicklung beginnt mit „Rubber Soul“ und setzt sich mit dem Album „Revolver“ fort. Die Beatles perfektionieren ihren Sound und experimentieren mit Rückkopplungen und rückwärtslaufenden Tonbändern, wie in den Liedern „I´m Only Sleeping und Tomorrow Never Knows. Die verzerrte Stimme Lennons verleiht dem Song traumhafte Züge und dringt tief in die Psyche, wie ein Trip in neue Sphären, begleitet von einem hypnotischen Trommelschlag. Die eingesetzte Sitar ist später ein Markenzeichen der psychedelischen Musik. George Harrisons Beschäftigung mit indischer Musik schlägt sich in „Love You To“ nieder. Auch die Einflüsse bzw. Auswirkung Drogenerfahrungen zeigen sich in den psychedelischen Songs, die damit auch Vorreiter eines neuen musikalischen Trends wurden: des Psychedelic Rock.


Die „Grateful Dead“, die sich anfangs „The Warlocks“ nennen, sind auf ausgedehnte Blues-Jams spezialisiert. Bedeutende Sixties – Gruppen wie bsp. die „Canned Heat“ sind Bluesbands, Janis Joplin eine Bluessängerin. Der hypnotische Jangle des Songs „Mr. Tambourine Man“ klingt 1965 wie Musik aus einer fernen Zukunft. „Jefferson Airplane“ orientieren sich am Pop und Jimi Hendrix gibt in der Verschmelzung von R & B und Pop und der improvisierten Vergewaltigung der US – Nationalhymne „Star Spangeld Banner“ dem Rock einen entscheidenden Kick. Ihm gelingt die Verschmelzung seines Stils mit dem sonderbaren Sound der Psychedelic - Music zur Musik der Jimi Hendrix Experience.

Fortsetzung folgt..............................................................


Literatur- / Quellennachweis:
Miles Barry, Hippies, deutsche Ausgabe by Collection Rolf Heyne, 2005.
Glück, Erich, Augen auf und durch. Die Woodstock Generation, Rudolf Trauner Verlag, Linz, 2002.

8
Nov
2008

Liebe ist besser als Krieg

LIEBE IST BESSER ALS KRIEG – „Die große Weigerung“

Die Hippies – Flower Power Generation und Prototyp der Gegenkultur

„Ihr seid so eine Art Love-Generation, nicht war?“, Thomas Cahill, Polizeipräsident von San Fransisco, zu den Hip-Händlern (Miles, „Hippies“).

1965 wurden sie erstmals in der aufkeimenden Szene von Haight - Ashbury ( San Fransisco / USA ) als Bewegung wahrnehmbar. Ihr erklärtes Ziel war der Aufbau einer konträren Kultur – der Gegenentwurf zur bürgerlichen Gesellschaft mit all ihren Aspekten (vgl. Gilcher-Hotley,“1968“)

Hauptfiguren und Gurus der Bewegung sind Dichter wie Gary Snyder, Michael McClure, Lawrence Ferlinghetti und Allen Ginsberg.

Gleichsam wie die Studenten kritisieren sie die Diskrepanz von Verfassungsnorm und Verfassungswirklichkeit. Kritisieren die konforme Konsumgesellschaft und erstarrten gesellschaftlichen Verhältnisse in der Gesellschaft, Politik und Kultur. Auch sie sehen sich täglich konfrontiert mit den apokalyptischen Szenarien der Atombombe und der atomaren Aufrüstung. Sie wachsen im Angesicht des Kalten Krieges und der ideologischen Fragmentierung auf und erleben den medial „unzensierten“ Vietnamkrieg. (Gilcher-Holtey, „1968“)

Doch ihr Habitus unterscheidet sie von der Studentenbewegung. Die meisten haben keine Ahnung von Marx, Lenin, Mao oder Trotzki. Sie verstehen weder die komplizierten Analysen und Neuinterpretationen der theoretischen linken Schriften, noch die Bandwurmsätze der linken Trägergruppen.
Ihre Reaktion ist die Flucht aus der Gesellschaft bzw. der demonstrierte Ausstieg aus der Gesellschaft.
Signifikantes äußeres Merkmal ist die Kleidung der Hippies. Jeans und Sweatshirts werden gegen zerknitterte Samthosen, Satin- und Seidenhemden mit langem Revers und Schals aus Seide und weichem Chiffon. Sie tauschen die Kleidung der Wohlstandsgesellschaft gegen phantasievolle Gewänder und durchwühlen Trödelläden nach altem Fummel und Omakleidern. Zusätzlich tragen sie lange Haare im Gegensatz zu den in den 60iger Jahren noch üblichen Kurzhaarschnitten.
Damit wehren sie sich gegen den Konformismus der Konsumgesellschaft und demonstrieren äußerlich den symbolischen Gegenentwurf der Gesellschaft.

Doch darüber hinaus kopiert die Mode psychedelische Muster und verarbeitet Blumen und schrille Farben in Stoffen. Ecke Haight / Ashbury eröffnet 1966 der erste Psychedelische Laden, der von Büchern über Drogen und orientalischer Philosophie, Zigarettenpapier, Joint-Kippenzangen, Glocken und Glasperlen, Flöten und Postern, jede Menge Hippie – Zubehör anbietet.
Psychedelische Poster kommen groß in Mode. Die schrillen und geschnörkelten Buchstaben sind manchmal so verzerrt, dass man sie kaum lesen kann, wenn man nicht stoned ist.

Die Hippies verbringen viel Zeit damit, Drogen zu nehmen, Musik zu machen und zu meditieren.
Viele Hippies dopen und verkaufen Haschisch, um ihre Lebensunterhalt zu bestreiten.
Motto und Aufforderung zugleich: „Geld ist eine Droge. Amerika ist eine Drogenkultur, eine Nation von Süchtigen. Geld kann als Zigarettenpapier verwendet werden. Rollt euch einen Joint. Raucht es“.
Etliche Rezepte für Haschplätzchen kursieren. Abgesehen davon entstehen richtige kleine Labors zur Herstellung von LSD („Trips-Festival“) und Acid („Acid-Tests“).
LSD war bis 1966 noch nicht verboten (in Deutschland dann 1971 verboten), aber wer es nimmt, tut es mehr oder weniger heimlich, wobei verschiedene Gebrauchsanwendungen proklamiert werden. Ein Teil vertritt die Ansicht, LSD solle in einer friedlichen Umgebung eingenommen werden, um eine persönliche und spirituelle Erfahrung herbeizuführen, der andere Teil propagiert die Einnahme in einer Atmosphäre, in der alles passieren kann, um zu sehen was passieren kann (die sog. „Acid-Tests“).

Kommunen und Hausbesetzungen breiteten sich wie ein Lauffeuer aus. Zunächst starten die Aktivisten symbolische „Besetzungen“, um darauf hin zu weisen, dass viele in Wohnheimen untergebracht oder obdachlos sind, während etliche Häuser leer stehen. Das Ziel ist, Wohnraum für Familien aus Wohnheimen und Slums mithilfe von Hausbesetzungen zu schaffen. Die Hippies hoffen, dass die Aktionen die Zustimmung einer breiten Bevölkerung finden und einen Großangriff auf die Wohnungsbehörden auslösen.

Während einerseits leere stehende Häuser besetzt werden, gründen sich andererseits zahlreiche Künstler-, Drogen- und Wohngemeinschaften, die Kommunen.
Die ursprünglichen Wohngemeinschaften entstanden ursprünglich oft aufgrund der hohen Mieten in den Städten.
Die gemeinschaftliche Lebensform bildet nun zahlreiche Varianten aus: Kommunen der freien Liebe, Homosexuellen Kommunen, Religionsgemeinschaften mit selbst ernannten Gurus, Sexkommunen, Hexensabbate. Des Weiteren entstehen viele alternative Boutiquen, vegetarische Läden und Restaurants, Buchhandlungen und Plattenläden.

In den ländlichen Kommunen gründen sich Versorgergemeinschaften. Das erklärte Ziel vieler Hippies ist der Aufbau alternativer Lebensformen. Einige Kommunen schaffen den Sprung in die Selbstversorgung. Sie produzieren Lebensmitte, schaffen alternative Handwerksbetriebe und beliefern städtische Märkte, fertigen Kleider, Schnitzereien, Tassen, Teller und Schüsseln.

Ein Teil der ökologischen Bewegung hat ihre Wurzeln in dieser Gegenkultur. Wissenschaftler wie Gregory Bateson warnen bereits 1967 beim „Dialectics - of - Liberation“- Kongress in London vor der globalen Erwärmung.
Bis zum Ende des Jahrzehnts setzen sich Vegetarismus, organische Lebensmittel und natürliche Ernährung durch. Weitergehend wichtiger Aspekt dabei ist die Persönlichkeitsentfaltung, die sich in zahlreichen Yogakursen und Meditationsgruppen äußert.

„Die wichtigste Kraft für unsere Revolution ist die Erotik. Ein freier Mensch ist jemand, dessen erotische Energie freigesetzt worden ist, der seine Erotik auf immer schönere, komplexere Weise ausdrücken kann. Die sexuelle Revolution ist nicht nur Teil der Atmosphäre von Freiheit, die unter den jungen Menschen entsteht. Ich halte sie für den Mittelpunkt davon. Psychedelische Drogen, vor allem Marihuana, sind deshalb so beliebt, weil sie den Körper in Erregung versetzen. Ich sage rundheraus: Die Bedeutung und das zentrale Thema der psychedelischen Erfahrung ist die erotische Belebung. Das Plus an Freiheit im sexuellen Ausdruck in der Kunst und den Massenmedien ist das erste Anzeichen unseres Sieges“ Tim Leary, „EVO“, Juni 1969-

Die Gegenkultur stellte die Sexualmoral in Frage und experimentierte mit unterschiedlichen Lebensmodellen: Sexorgien, Enttabuisierung der Homosexualität und eine positive, freudige Sexualität als Gegenstück zur strikten Moral der früheren Generationen. Das Infragestellen sexueller Rollen war auch einer der Auslöser der Frauenbewegung, die erstmals mit Einführung der Pille Anfang der 60iger Jahre die Freiheit einer Wahl des Sexualpartners hatten. Doch die Emanzipation der Frauen stand noch aus. Die Hippies sind berühmt für den Umgang mit Frauen, die sie „Chicks“ oder „alte Ladies“ nannten und wie gewöhnliche Hausfrauen behandelten. Natürlich kümmerten sie sich auch nicht um die Kinder. Während die Männer Reden schwingen, erledigen die Frauen den Papierkram.
Eine weitere Bewegung formiert sich: die Schwulenbewegung, die ihren Anfang in einer Razzia in der Bar „Stonewall Inn“ auf der New Yorker Christopher Street hat, weil sich die „Gay Power“ erstmals gegen die prügelnden Polizisten wehren.

Fortsetzung folgt........................................



Quellen:

Miles Barry, Hippies, deutsche Ausgabe by Collection Rolf Heyne, 2005 (Miles, “Hippies”)
Gilcher – Holtey, Ingrid, Die 68er Bewegung, 3. Auflage, München 2005 (Gilcher-Holtey, „1968“)
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